Lost in Hyperspace
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Definition
Man sagt, eine Person ist "Lost in Hyperspace", wenn sie die Orientierung in einem Hypertextsystem verloren hat. Wenn also nicht mehr bekannt ist, an welcher Stelle man sich im Hypertext befindet, wie man an den "Anfang" kommt oder an diejenige Stelle, an die man wollte.
Ursachen
Bei einem linearen Text (wie z.B. einem Buch) geben Buchrücken, Inhaltsverzeichnis und Seitenangaben bieten dem Informationssuchenden einen genauen Überblick worum es sich in dem Buch handelt, wie umfangreich es ist und vor allem wo genau man relevante Informationen finden kann. Der Leser ist sich hier bewusst welche Abschnitte er im Buch bereits gelesen hat und somit sind Orientierungsprobleme ausgeschlossen.
Der Hypertext hingegen ist netzwerkartig aufgebaut. Die Informationen einer Website sind in viele Informationseinheiten aufgeteilt (Knoten) und miteinander durch Links verknüpft. Dadurch hat der Benutzer auf vielfältige Weise die Möglichkeit im Hyperspace zu navigieren. Diesen Vorteil empfindet jedoch nicht jeder als eine Bereicherung da es v.a. bei ungeübten Hypermedia - Nutzern vorkommen kann, dass sie den Überblick über das System und sich selbst im Hyperspace verlieren.
Ursachen für das „Lost-in-Hyperspace“ – Phänomen ist zum einen die Ungewissheit was genau sich hinter einem Link verbirgt. Der Benutzer entscheidet sich einem Link zu folgen, weil er sich hinter ihm die gesuchte Information erhofft. Oft sind die Linkbezeichnungen mehrdeutig oder die Hierarchien/Oberkategorien nicht einleuchtend. Auch aufgrund der Vielfalt an Handlungsalternativen in einem Hypertext wird die Orientierung erschwert. Denn der Benutzer kann nicht erahnen wie viele Alternativen sich ihm eröffnen nachdem er einem Link gefolgt.
Serendipity – Effekt
Der Zustand der Orientierungslosigkeit im Hypertext ist in manchen Fällen auch positiv zu sehen. Dies beschreibt der so genannte Serendipity – Effekt: Der Nutzer wird bei seiner gezielten Informationssuche von einer anderen Information abgelenkt und derart gefesselt, dass das ursprüngliche Ziel als nebensächlich angesehen wird. Er entwickelt sozusagen eine Art entdeckendes Lernen. Dieser Effekt kann einerseits als positiv angesehen werden dadurch, dass man durch Zufall auf etwas Interessantes stößt, jedoch wird dies v.a. bei Benutzern, die mit dem Umgang mit Hypertexten noch nicht besonders vertraut sind, eher als störend empfunden. Dies gilt besonders dann, wenn das ursprüngliche Ziel eigentlich von größerer Wichtigkeit ist.
Es gibt eine Reihe von Navigationshilfen, die dem Benutzer helfen sich im Hypertext zurechtzufinden. Eine große Hilfe sind so genannte grafische Browser bzw. Netzwerkdarstellungen, weil sie einen Überblick über das Netzwerk geben. Bei komplexen Hypertexten ist es aber sinnvoller nur einen Ausschnitt des Netzwerkes darzustellen, da sonst die Darstellung aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit dem Nutzer nur wenig nutzen würde („visual spaghetti“).
Eine weitere Möglichkeit zu verhindern, dass die Netzwerkdarstellung unübersichtlich wird sind Filter und Fischaugensicht („fish-eye-view“) zu verwenden. Hier wird der in diesem Moment besuchte Knoten am größten dargestellt und die Größe nimmt zu den Seiten hin ab.
Ein weiteres Werkzeug sind Lesezeichen („bookmarks“), die einen schnellen Zugriff auf bereits besuchte und als wichtig empfundene Knoten ermöglichen. Besonders hilfreich für Anfänger, die sich einen ersten Eindruck über den entsprechenden Hypertext machen wollen, sind Pfade oder „guided tours“. Hier hat der Benutzer die Möglichkeit eine vom Autor vordefinierte Sequenz von Knoten per Knopfdruck abzuspulen. Um einen sehr langen Text nicht ganz lesen zu müssen, wenn man herausfinden will ob der gesuchte Begriff enthalten ist, sollte man Suchmodule nutzen. Wie bei den Ursachen von „Lost-in-Hyperspace“ schon erwähnt ist auch beim Aufbau einer Website einiges zu beachten um den Verlust der Orientierung zu verhindern, z.B. die eindeutige Beschriftung von Links und der Wahl von plausiblen Hierarchien. Die eben genannten Navigationswerkzeuge tragen zwar zur Verringerung der Desorientierung im Hyperspace bei, jedoch muss der Benutzer auch wissen sie richtig einzusetzen. Deshalb ist es nicht allein die Aufgabe des Webdesigners eine Website übersichtlich zu gestalten, sondern auch der Benutzer muss sich Vorwissen aneignen um eine kognitive Überlastung („cognitive overhead“) zu vermeiden. Denn wenn er sich zu sehr mit der Handhabung der Navigationshilfen bzw. der Benutzeroberfläche beschäftigen muss, kann er sich nicht mehr auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich die Informationssuche.