Motivation

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Motivationale Grundlagen: Begriffserklärungen

Begriffsdefinition „Motiv“

Der Begriff „Motiv“ stammt von dem lateinischen Wort motivum »Beweggrund, Antrieb« ab und häufig wird der Begriff „Bedürfnis“ synonym verwendet. Motive können, beeinflusst von den jeweiligen wechselseitig bedingten Person- und Situationsmerkmalen, zu einer Verhaltensbereitschaft.

  • Primäre Motive (auch „biogene Motive“ genannt) sind angeboren und dienen in erster Linie der Erfüllung physiologischer Be­dürf­nisse wie z.B. Hunger. Sie haben i.d.R. eine lebenserhaltende Funktion und entstehen durch biolo­gische Prozesse.
  • Sekundäre Motive (auch „soziogene Motive“ genannt) werden im Laufe des Lebens erworben. Jedes Indivi­duum entwickelt dabei aufgrund sozialer und umweltspezifischer Erfahrungen und Anreize spezielle Vorlieben.


Begriffsdefinition „Motivation“

„Motivation“ (lat. motus »Bewegung«): „Die Gesamtheit der in einer Handlung wirksamen Motive, die das indivi­duel­le Verhalten aktivieren, richten und regulieren.“ (Meyers Großes Taschenlexikon, 2003). Das zur konkreten Handlung motivierte Verhalten variiert dabei hinsichtlich der Ausprägung in:

  • der Zielausrichtung: Welche Ziele will ein Individuum erreichen und aus welchen Gründen? Neben erstrebenswerten Zielen (z.B. Anerkennung) kann motiviertes Verhalten auch auf Vermeidung unange­nehmer Konsequenzen (z.B. Tadel) ausgerichtet sein.
  • der Intensität: Welche Anstrengungen unternimmt ein Individuum, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen?
  • der Dauerhaftigkeit: Mit welcher Ausdauer hält ein Individuum an der Erreichung eines best. Ziels fest?


Spezifizierung: „Motivationsarten“

Harlow führte in den fünfziger Jahren eine Untersuchung mit Affen durch, mit dem Resultat, dass Verhaltensweisen auch dann auftreten können, wenn kein zu beseitigender physischer Mangelzustand (z.B. Hunger) oder äußerer Anreize (z.B. Belohnung) vorliegt. Daraus folgend kann Motivation spezifiziert werden in:

  • Intrinsische Motivation: Dabei handelt ein Individuum aus eigenem Antrieb bzw. aus Interesse, Neugier oder Freude an der gewählten Tätigkeit (je nach Def. auch aus dem daraus resultierenden Ergebnis) und ist bspw. bei spielenden Kindern zu beobachten. Nach Deci und Ryan (1993) entsteht intrin­sische Motivation insbesondere dann, wenn die Bedürfnisse nach sozialer Eingebundenheit, Kompetenz und Auto­nomie erfüllt sind.
  • Extrinsische Motivation: In diesem Falle sind Handlungen zweckgebunden. Ein Individuum wird aufgrund von Umweltanreizen aktiv, die ihm bei Erreichung eines bestimmten Ziels erstrebenswerte Konsequenzen in Aussicht stellen, z.B. Anerkennung (imma­teriel­ler Anreiz) oder Gehaltserhöhung (materieller Anreiz). Extrinsische Motivation hat i.d.R. nur einen kurzfristigen Effekt; die Verhaltensweisen werden mit der Zielerreichung eingestellt, wie bspw. die Lernaktivitäten bei Erreichung der extern vorgegebenen Lernziele.

In diesem Kontext wird unter der Bezeichnung „Korrumpierungseffekt“ (auch Verdrängungs- oder Überrechtfertigungseffekt) die Annahme diskutiert, ob intrinsische durch extrinsische Motivation beeinträchtigt oder gar verdrängt wird, da sich der Fokus des Indiviuums zunehmend weg von der Tätigkeitsausübung und hin auf die erhofften externen Anreize richtet. Dieser Effekt besitzt keine Allgemeingültigkeit, sondern ist situations- und personenabhängig und erfordert zudem eine Differenzierung der Anreizfunktionen. (s.a. Bördlein, 2006)


Problematik der wissenschaftlichen Begriffsbesetzung

Zur Definition des Begriffs „Motivation“ existieren vielfältige Ansätze. Eine Erklärung liegt darin be­gründet, dass Motivation ein ab­strak­ter Begriff ist. Wir können Moti­vation nur über Verhaltensweisen erschließen, aber nicht un­mittelbar wahr­nehmen, es handelt sich dabei also um ein „hypothetisches Konstrukt“.

Ein weiterer Aspekt der vielfältigen Begriffsauslegungen basiert auf den unterschiedlichen psychologischen Strömungen und ihrer spezifischen Sicht auf den Menschen (s. hierzu: Stangl (2007): Kurzüberblick: Psychologische Schulen)

Auch die Spezifizierung „intrinsische Motivation“ wird kontrovers diskutiert. Nach Rheinberg (2002) ist dieser Begriff für den wissenschaftlichen Gebrauch problematisch, da den einzelnen Theorien unterschiedliche Vorstellungen zugrunde liegen. (s.a. Bördlein, 2006)


Motivationale Grundlagen: „Theorien und Modelle“

Entstehung der „klassischen Motivationspsychologie“

Wichtige Beiträge zur Motivationspsychologie, insbesondere zur Leistungsmotivation, lieferten McClelland und Atkinson (1953). Sie legten den Grundstein für die „klassische Motivationspsychologie“ und fassten bedeutende An­sätze ihrer Vorgänger zusammen:

  • Freud (Triebkonzeption) machte auf die Verhaltensbeeinflussung durch unbewusste Motive aufmerksam, die sich möglicherweise in Phanta­sien widerspiegeln.
  • K. Lewin (Feldtheorie) betonte, dass Verhalten aus der Wechselwirkung von Person- und Situationsmerk­malen entsteht und der subjektive Eindruck einer Person beachtet werden muss.
  • H. A. Murray (Bedürfnisklassifikation) formulierte, neben der Einteilung in primäre und sekundäre Bedürfnisse (s. Begriffsdefinition „Motiv“), allgemeine (sekundäre) Bedürfnisklassen. Jedoch brachten erst die Forschungsarbeiten von McClelland und Atkinson wesentliche Fortschritte, die sich auf wenige Bedürfnisse und deren Erklärung beschränkten.
  • McClelland und Atkinson legten besonderen Wert auf eine empirisch-experimentelle Forschung und gewannen mit einer Methode, die von Murray entwickelt wurde, wichtige Erkenntnisse:
    Der sogenannte TAT-Test (Thematischer Apperzeptionstest) ist ein projektives Messverfahren, das auf Freuds Erkenntnis vom Unterbewußtsein ba­siert. Dabei sollen Probanden Bilder interpretieren, in dem Glauben, dass ihre Phantasie erfasst werde. Es wird angenommen, dass die Motive eines Probanden seine Bildinterpretation dahingehend beeinflussen, bestimmte Handlungsmöglichkeiten in den gegebenen „Bildsitua­tionen“ wahrzunehmen.

Motiviertes Verhalten wurde meist bzgl. einer bestimmten Motivationsklasse, wie z.B. der Leistungsmotivation, in einer entsprechend handlungspassenden Situation untersucht. Die daraus folgenden Erklärungen lieferten wert­volle Erkenntnisse bzgl. einzelner Motivationsklassen, berücksichtigten jedoch nicht die Anreizvielfalt in Alltags­situationen. (s. Rheinberg, 2002)


Theorien-Klassifizierung

In der Motivationspsychologie finden sich verschiedene Gliederungen. Häufig erfolgt eine Einteilung nach der „Arbeits- und Organisationspsychologie“ in:

  • Die Inhaltstheorien klassifizieren Motive meist nach dem angestrebten Ziel. Im Mittelpunkt steht die Frage, was der Mensch anstrebt und welche Bedürfnissen ihn antreiben.
    Eine weitere Unterteilung erfolgt in:
    • Monothematische Klassifikationen, wie sie bspw. der Bedürfnisklassifikation nach McClelland (Leistungs-, Anschluss- und Machtmotiv) zugrunde liegen, und
    • Polythematische Klassifikationen, welche vielfältige Motivationsziele in einem Modell integrieren. Hierzu zählt auch die hierarchisch angeordnete Bedürfnispyramide von Maslow, deren Grundannahmen jedoch empirisch nicht belegbar sind. (s. Rosenstiel, 2003).
  • Die Prozesstheorien beschäftigen sich mit den kognitven Prozessen menschlichen Erlebens und Verhaltens: Wie werden Situationen subjektiv wahrgenommen und interpretiert, wann wird Verhalten unter Berücksichtigung der Anreizvielfalt in der Umwelt aktiviert und die angestrebten Ziele erreicht oder verworfen.


„Das erweiterte kognitive Motivationsmodell“

Heckhausen (1989) berücksichtigte in seinem erweiterten kognitven Motivationsmodell den Aspekt vielfältiger Umweltanreize und integrierte bestehende Ansätze, mit dem Ziel das Auftreten motivierten Verhaltens vorhersagen zu können:

  • Die VIE-Theorie (Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungstheorie) nach Vroom (1964)
    • Die Instrumentalität geht auf Peak (1955) zurück und besagt, „[...] inwieweit ein mögliches Ereignis X [z.B. hohe Arbeitsleistung] als taugliches Instrument zur Herbeiführung (oder Verhinderung) anreizbesetzter an­derer Dinge Y [Folge-Ereignisse, wie z.B. Gehaltserhöhung, Prestige oder auch ein eingeschränktes Privatleben] erscheint.“ (Rheinberg 2002, S. 132).
    • Die Valenz ist die Anreizstärke, nach welcher die Folge-Ereignisse positiv oder negativ bewertet werden.
    • Die Multiplikation mit dem Instrumentalitätswert (positiv bei fördernder Auswirkung, negativ bei hemmender Auswirkung) ergibt dann den Wert der Gesamtattraktivität eines Ereignisses (negativ = abschreckend, positiv = anziehend). Jedoch ermöglicht dieser Wert keine Vorhersage darüber, wann Motivation in Verhalten umge­setzt wird.

Heckhausen beantwortet diese Frage mit der Modifizierung eines Ansatzes von Bolles (1972) und formuliert auf dieser Basis drei Erwartungsebenen, von denen es abhängt, ob motiviertes Verhalten zur Zielerreichung aktiviert werden kann bzw. muss:

  • Situations-Ergebnis-Erwartung: Ensteht der subjektive Eindruck, dass keine Handlungsmöglichkeit vorhanden ist, das Ergebnis also ohnehin nicht mehr ver­än­der­bar oder auch ohne Anstrengung akzeptabel ist, führt dies zu einer geringen Handlungsmotivation in der gegebenen Situation: die Person bleibt passiv.
  • Handlungs-Ergebnis-Erwartung: Die Handlungstendenz steigt mit der Erwartung, durch eigene Aktivität ein angestrebtes Ergebnis positiv beeinflussen bzw. erreichen zu können.
  • Ergebnis-Folge-Erwartung: Wenn die Folgen des Ergebnisses einen hohen Anreizwert besitzen und mit hoher Wahrschein­lich­keit auch eintreten, wird eine Person schließlich aktiv. Es wird also die Wahrscheinlichkeit berücksichtigt, dass das fragliche Ergebnis vom eigenen Handeln abhängt und auch die erwarteten Folgen nach sich zieht (Gewichtung nach der VIE-Theorie):
    • sichere Folgen: z.B. Stolz und Freude bei einer erfolgreich bestandenen Prüfung.
    • unsichere Folgen: z.B. attraktiver Job aufgrund dieser Prüfung.


Die Leistungsmotivation

Die Leistungsmotivation zählt zu den besterforschten Motivationsklassen und ihre Förderung wird sowohl in der Lehre als auch in Arbeitsszenarien angestrebt. Nach psychologischem Verständnis ist ein Verhalten leistungsmotiviert, wenn anhand eines zu erreichenden Gütemaßstabs eine Selbstbewertung der eigenen Tüchtigkeit erfolgt. Der Anreiz besteht nicht in der Erwartung einen Gewinn zu erzielen, sondern allein im Erfolgserlebnis bzw. darin eine Herausforderung zu meistern, deren Gelingen unsicher, aber bei Erfolg auf die eigene Anstrengung oder Fähigkeit zurückzuführen ist. (vgl. Rheinberg 2002, S. 62).

Das Selbstbewertungsmodell: von Heckhausen (1972, 1975) liefert eine Erklärung, warum manche Menschen Leistungssituationen als Herausforderung ansehen, andere wiederrum aus Angst vor Misserfolg diese zu meiden suchen. Heckhausen verband in seinem Selbstbewertungsmodell die Forschungsergebnisse der Leistungsmotivation (Risikowahl-Modell) und der Kognitiven Motivationsforschung (Kausalattribution) und formulierte auf dieser Basis drei sich wechselseitig be­einflussende Teilprozesse:

  • Ergebnisvergleich mit einem Gütemaßstab, z.B. dem Anspruchsniveau (nach dem Risikowahl-Modell zur Leistungsmotivation von Atkinson): Das Erleben von Erfolg oder Misserfolg wird nach der Erfolgswahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, bewertet,
  • die Kausalattribution: Ursachenerklärung für Erfolg und Misserfolg, und
  • der Selbstbewertungsaffekt

Selbstbewertungsmodell.jpg

  • Erfolgsmotivierte Personen bewerten Anforderungen realistisch und bevorzugen anspruchsvolle Aufgaben, an denen sie ihre Fähigkeiten und Tüchtigkeit messen können (Anspruchsniveau). Misserfolge führen sie auf zeitvariable Faktoren, wie mangelnde Anstrengung oder Pech, zurück, Erfolge hingegen auf internale Faktoren (Ursachenerklärung). Sie empfinden bei Erfolgen Stolz über die eigenen Fähigkeiten, der Belohnungswert ist hoch. Der positive Selbstbewertungsaffekt wird dabei stabilisiert, wohingegen Misserfolge nur ge­ringe Auswirkungen auf künftige Leistungssituationen zeigen.
  • Misserfolgsmotivierte Personen tendieren zu sehr einfachen oder auch sehr schwierigen Aufgaben (Nach dem Motto: „Das wäre niemandem gelungen.“) aus Furcht vor Misserfolg (Anspruchsniveau). Erfolge werden mit externalen Faktoren erklärt, beruhen also auf Glück oder leich­ten Aufgaben und zeigen somit kaum Auswirkung auf die Erfolgserwartungen in künftigen Leistungs­situa­tionen . Misserfolge werden auf zeitstabile internale Faktoren, also auf mangelnde Fähigkeiten, bezogen und beeinträchtigen die Hoffnung auf Erfolg in künftigen Leis­tungs­situationen. Als Selbstbewertungsaffekt zeigen sich Betroffenheit und Scham, mit negativer Auswirkung auf die Motivation.

Eine Möglichkeit dieser Problematik entgegenzuwirken besteht in der Teamarbeit, indem die Gruppe den einzelnen Mitgliedern Rückhalt und Unterstützung bieten kann.


Motivation in Gruppen

Nach Comelli und Rosenstiel (2003) besteht die Funktion von Gruppen in der "gemeinsamen Befriedigung individueller Bedürfnisse." (S. 168). Der soziale Kontakt, die Anerkennung des Engagements zum gemeinsamen Gruppenziel und der Wissenszuwachs durch Einsicht in verschiedene Mitgliederperspektiven zählen u.a. zu den motivierenden Aspekten und können eine Leistungssteigerung bei den einzelnen Teilnehmern bewirken.


Fördernde und hemmende Motivationsfaktoren: Nach Comelli und Rosenstiel müssen aber weitere Faktoren berücksichtigt werden, die sich hemmend oder fördernd auf die Motivation von Einzelpersonen und somit auch auf die Gruppenleistung auswirken können:

  • Nach der Zieltheorie von Locke (1968) ist die Ziel­setzung ein bedeutender Faktor, da sie zu Spannung führt und somit zu Anstrengungen motiviert, diese durch Zielerreichung wieder abzubauen. Durch präzise formulierte und anspruchsvolle Ziele kann die Leistungsmotivation angeregt und ein hohes Maß an Leistung erreicht werden.
  • Die Gruppenzugehörigkeit beinhaltet z.B. die Gruppenidentifikation, Rückhalt und Unterstützung durch die Gruppe sowie Anerkennung aufgrund persönlicher Merkmale oder Leistungsqualitäten. Der Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit kann die Leistungsbereitschaft der einzelnen Teilnehmer erhöhen.
  • Die qualitative bzw. effiziente Zusammenarbeit ist eng mit dem Gefühl der Gruppenzugehörigkeit verbunden, jedoch spielen auch die verfügbaren Arbeitsgeräte eine wichtige Rolle und können sich bei schlechter Funktionsweise demotivierend auswirken.
  • Erfolgserlebnisse werden individuell und in Bezug auf die Gruppenarbeit empfunden und stärken wiederrum das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit.


Motivationsverlust bei Gruppen: Wenn das subjektive Gefühl entsteht, dass man mehr in die Gruppe investiert, als man zurückerhält, kann der Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit nachlassen, die Gruppenarbeit wirkt demotivierend und als Konsequenz folgt eine abnehmende Leistungsbereitschaft bei den Teilnehmern. Unter der Bezeichnung „Social loafing“ (soziales Faulenzen, Tritt­brett­fahrer) verwies Latané (1979) auf das Phänomen nachlassender Leistungsanstrengung bei einzelnen Gruppenmitgliedern.

Bei Studien wurde festgestellt, dass sich Phänome wie das Social loafing verringern, wenn:

  • die individuellen Mitgliedsbeiträge identifizierbar sind (nach einem Ansatz von Slavin, 1980),
  • eine Wettbewerbsituation mit anderen Gruppen besteht,
  • Mitglieder intrinsisch motiviert sind oder
  • ein hoher externer Anreiz/Zwang existiert.

Durch die Gestaltung eines Anreizsystems können negative Faktoren eleminiert oder zumindest reduziert und die (Leistungs-)Motivation angeregt werden.


Implikationen für kollaboratives Wissensmanagement

Die Erkenntnisse der Motivationsforschung sind für Lehre und Wirtschaft gleichemaßen bedeutsam. Angesichts der Wettbewerbsituation, in welcher sich Unternehmen und auch Universitäten international befinden, erhält die Ressource „Wissen“ und der Mensch in der Rolle als Wissensträger zunehmend Aufmerksamkeit in der Annahme, durch Einbindung und Förderung der vorhandenen Potenziale eine Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen zu erzielen. In diesem Kontext sind Themen wie „lebenslanges Lernen“ und „kollaboratives Wissensmanagement“ von Interesse und damit verbunden die Lern- und Mitarbeitermotivation sowie die Frage, wie man Individuen dazu motivieren kann, sich aktiv an Wissensmanagementsystemen zu beteiligen, ihr Wissen mit anderen zu teilen um neues Wissen kollaborativ zu erarbeiten.


Anreize

Die Beeinflussung der Motivation von Personen erfolgt meist über Anreize. Allgemein formuliert sind Anreize Motivationsmittel, die zur Verhaltenssteuerung eingesetzt werden und in der Praxis auf die Steigerung der Leistungsbereitschaft zielen. Diese Form geht auf Taylor (1911) zurück, der von trägen Mitarbeitern ausging, die nur mit der Aussicht auf finanzielle Belohnung (monetäre Gratifikation) für erbrachte Leistungen zu motivieren waren (s.a. extrinsische Motivation).

Anreizarten: Anreize werden entsprechend der Motivationsspezifizierung ebenfalls in extrinsisch und intrinsisch unterteilt:

  • Extrinsische Anreize (Handlungsanreize) können sowohl materieller (z.B. Gehaltserhöhung, Firmanwagen) als auch immaterieller Art (z.B. Anerkennung) sein und stehen als Belohnung für ein erreichtes Ziel.
  • Intrinsische Anreize (tätigkeitsspezifische Vollzugsanreize) sind i.d.R. immateriell, da sie sich aus einer Tätigkeit und der damit empfundenen Herausforderung und Befriedigung ergeben.

Während Unternehmen die Kombination der beiden Anreizarten zur Verfügung stehen, ist man in der Lehre i.d.R. auf den Einsatz immaterieller Anreize beschränkt.


Mietzel (2005) differenziert je nach individueller Wahrnehmung zwei grundlegende Anreizfunktionen mit unterschiedlicher Auswirkung:

  • Bei der Informationsfunktion kann dem Anreiz entnommen werden, dass die erbrachte Leistung bzw. die Erreichung eines Ziels anerkannt wird. Dies führt zur Erhöhung der Handlungskontrolle mit positiver Wirkung auf die intrinsische Motivation.
  • Bei der Kontrollfunktion werden hingegen Verhaltensweisen von außen durch Anreize gesteuert und führen zu einer Verstärkung oder auch Hemmung des gewünschten Verhaltens durch Aussicht auf erstrebenswerte bzw. zu meidende Konsequenzen. In diesem Fall ist eine negative Beeinflussung der intrinsischen Motivation durch externe Anreize (insbesondere bei materieller Belohnung) wahrscheinlich (s. Korrumpierungseffekt).


Anreizgestaltung

Insbesondere immaterielle Anreize werden individuell unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Sie führen nur dann zu motiviertem Verhalten, wenn sie der Bedürfnislage des Individuums entsprechen, daher können keine all­gemeingültigen Regeln zur Anreizgestaltung formuliert werden. Allgemein sollten Anreizsysteme für kollaboratives Wissensmanagement vielfältige Anreizsituationen zur Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse zur Verfügung stellen. Die Erkenntnisse der Motivationsforschung und der Sozialpsychologie können hierbei eine Hilfestellung bieten.

Mittels extrinsischer Anreize (Noten, finanzielle Belohnung) können Personen zu Tätigkeiten motiviert werden, für die sie eigentlich geringes Interesse zeigen. Aufgrund der effizienteren Wirkung ist jedoch die Förderung der intrinsischen Motivation erstrebenswert, wodurch sich folgende Kriterien ergeben:

  • Aufgabenstellung: Erfolgsmotivierte Personen bevorzugen interessante und anspruchsvolle Aufga­ben (z.B. aufgrund persönlicher Relevanz), die sie herausfordern und an welchen sie ihre Fähigkeiten messen und erweitern können. In diesem Kontext wirkt sich auch eine (Teil-)autonome Arbeitsgestaltung, die Entscheidungs- und Organisationsfreiheiten einräumt, positiv auf Interesse und Arbeitsleistung aus.
  • Transparenz: Aus dem Anreizsystem sollte ersichtlich sein, welche Kompetenzen angesprochen werden und welcher Anwendungsnutzen sich daraus ergibt, um bei den Teilnehmern diesbezüglich individuelle Bedürfnisse zu wecken.
  • Zielsetzung: Die Ziele sind insofern wichtig, da motiviertes Verhalten nur aktiviert wird, wenn die ge­setzten Ziele akzeptiert und individuelle Bedürfnisse angesprochen werden. Weiterhin sollte die Zielsetzung präzise formuliert und die Zielerreichung überprüfbar sein.
  • Feedback: Regelmäßiges Feedback zeigt den aktuellen Leistungsstand an. Nach Festinger (1954) besteht ein Validierungsbedürfnis hinsichtlich der Fähigkeiten und Meinungen, was unter Um­ständen zu einem Verbesserungsdruck führen kann. Bei Erfolgserlebnissen wird der posi­tive Selbstbewer­tungs­affekt stabilisert mit motivational günstigen Auswirkungen. Besonders bei misserfolgsmotivierten Personen zeigt sich Feedback als wichtige Komponente. Eine Studie von Meyer und Starke (1981) zeigte, dass ein Validierungsbedürfnis bei diesen Personen nicht zutrifft und zudem häufig eine Fehleinschätzung bzgl. der eigenen Fähig­keiten vorlag. Die Vorgabe angemessener Aufgaben - verbunden mit Feedback - könnte helfen, diese Fehl­ein­schätzung zu korrigieren und einen positiven Selbstbewertungsaffekt aufzubauen.


In Bezug auf die kollaborativ arbeitende Gruppe müssen weitere Aspekte berücksichtigt werden, um einen Motivationsverlust bei den Teilnehmern zu vermeiden:

  • Gruppenkohäsion: Positive Beziehungen in der Gruppe wirken verbindend und können die Kommunikations- und Leistungs­be­reitschaft der Mitglieder durch Verantwortungsbewußtsein erhöhen.
  • Gruppenziel und Feedback: Erfolgserlebnisse wirken positiv bzw. stabilisierend auf den Gruppenzu­sammenhalt. Bei komplexen und langfristigen Projekten sollten daher Teilziele gesetzt werden, damit die Gruppe möglichst schnell erste Erfolgserlebnisse erhält.
  • Gruppengröße: In kleineren Gruppen (4-6 Personen) treten Phänome wie das Social loafing seltener auf und die Chance einer wechselseitigen Kommunikation aller Gruppenmitglieder ist höher. Dies fördert zum einen den Wissensaustausch und zum anderen stärkt es den Gruppenzusammenhalt.
  • Rollenverteilung: Bei den einzelnen Mitgliedern entsteht ein Verantwortungsgefühl durch die Übernahme einer Rolle. Außerdem ermöglicht es die Bewertung der Einzelleistungen, wodurch sich leistungsmotivierte Personen angespornt fühlen und das Phänomen des "Social loafing" zusätzlich reduziert werden kann.
  • Aufgabenstellung: Neben einem geeigneten Anspruchsniveau muss die Aufgabenstellung für Teamarbeit geeignet sein, ein gleichberechtigtes Arbeiten ermöglichen und u.a. auch soziale Kompetenzen fördern.

(s. Semar, 2004)


Interagierende Faktoren

Die Motivationsförderung ist ein wesentlicher Aspekt für erfolgreiches kollaboratives Wissensmanagement, welches auf der Interaktion verschiedener Faktoren (s. „Die drei Komponenten des Wissensmanagement“) beruht. Neben den vorherrschenden Bedingungen und angestrebten Zielen in Unternehmen und dem didaktischen Konzept in der Lehre spielen bei computerunterstützten kollaborativen Lernen (CSCL) und Arbeiten (CSCW) insbesondere die Kommunikationsmöglichkeiten sowie Medien- und Werkzeugwahl eine wesentliche Rolle. Diese Faktoren wirken sich wiederrum auf die Motivation der Teilnehmer aus. Ein allgemeingültiges Konzept zur Motivierung ist aufgrund der Komplexität menschlichen Verhaltens nicht möglich und muss immer im Kontext mit den spezifischen Eigenschaften und Bedingungen der jeweiligen Situation erarbeitet werden.


Literaturverzeichnis

Literaturquellen

  • Comelli, Gerhard (Hrsg.: Lutz von Rosenstiel, 2003): Führung durch Motivation; München: Verlag Vahlen.
  • Meyers Großes Taschenlexikon, 2003: Band 5. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG
  • Rheinberg, Falko (Hrsg.: H. Selg & D. Ulich, 2002): Grundriss der Psychologie, Band 6: Motivation. Stuttgart: Kohlhammer
  • Rosenstiel, Lutz von (2003): Motivation managen; Weinheim et al.: Beltz
  • Ulich, Eberhard (2005): Kapitel 4.4: Arbeitsgruppen und Gruppenarbeit; In: Arbeitspsychologie; Zürich: vdf, Stuttgart: Schäffer-Poeschel
  • Zaunmüller, Hannah (2005): Anreizsysteme für das Wissensmanagement in KMU. Wiesbaden: Deutscher Universitätsvlg


Weiterführende Literatur

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