CSCL-didaktisches Design

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Die Rolle von CSCL nimmt in Theorie und Praxis des E-Learnings zu. Eine ganz konkrete und klare Begriffsbestimmung ist nicht vorhanden. Allgemeinanwendbar steht die Abkürzung CSCL für computergestütztes, kooperatives Lernen (engl.: Computer Supported Cooperative Learning). Das zweite C kann im Englischen als Abkürzung für Cooperative oder Collaborative stehen. Durch den Einbezug von Kooperation sowie Kollaboration in den Lernprozess, unterscheidet sich CSCL von konventionellem E-Learning (computergestütztes Lernen).
Es gibt prinzipiell Unterschiede zwischen den zwei Begriffen "kooperatives Lernen" und "kollaboratives Lernen". Reinmann-Rotmeier & Mandl (1999) nehmen eine Differenzierung vor und erläutern, das Kooperatives Lernen (siehe auch Artikel kooperatives Lernen) als überwiegend, individuell stark strukturierter Prozess zu verstehen ist,wobei die Lernenden zum Schluss rein additiv die Ergebnisse zusammenfügen; hingegen ist kollaboratives Lernen eine ständig, überwiegend selbst gesteuerte Zusammenarbeit in der Gruppe (vgl. Hinze, 2005, S. 23 [1]).
Computergestütztes kooperatives Lernen kann im weiteren Sinn als Anwendung von CSCW-Systemen (engl.: Computer Supported Cooperative Work) im Bereich des Lehrens und Lernens verstanden werden, wobei CSCW-Systeme statt zum kooperativen Arbeiten, zum kooperativen Lernen eingesetzt werden.


Didaktisches Design des CSCL

Didaktisches Design ist die Anwendung lernpsychologischer Erkenntnisse zur Optimierung des inszenierten Lehrens und Lernens. Im Bereich computergestützten Lernens ist didaktisches Design die Gestaltung einer Lernumgebung und des darin vermittelten Lernmaterials und -informationen. Der im amerikanischen Raum verwendete Begriff „instruction design“ wird als Äquivalenz dafür verwendet.


Psychologisch lerntheoretische Ansätze

CSCL stützt sich auf Erkenntnisse ganz unterschiedlicher, lerntheoretischer Ansätze.

Kognitivismus: Die bisher von Behavioristen vernachlässigten Prozesse der menschlichen Informationsverarbeitung stehen nun im Vordergrund. Die inneren Prozesse, die Art und Weise, wie die Menschen in ihrem Gehirn Informationen wahrnehmen, verarbeiten und aufrufen und dabei Wissen aufbauen, welches sie wiederum als Grundlage für ihr Handeln verwenden, gewann zunehmend an Bedeutung. Lernen wird als Aufbau einer kognitiven Struktur gesehen, die bei Informationsaufnahme und -bearbeitung wirksam wird. Der Lernende hat die aktive Rolle. Er baut beim Lernen mentale Modelle auf, welche wiederum die Basis für weiteres Wissen und Handeln sind. Hier werden soziale, emotionale und motivationale Prozesse, die beim Lernen eine große Rolle spielen, außer Acht gelassen. (Siehe Artikel Kognitivismus).

Nach dem Ansatz Konstruktivismus (Siehe Artikel Konstruktivismus) ist Das Lernen ist eine aktive Wissenskonstruktion in Verbindung mit bereits bestehendem Wissen, weil die Lernenden das Neue mit dem Vorwissen verknüpfen müssen, um es richtig zu verstehen. Das Lernen muss dabei aktiv gestaltet werden, weil die Lernenden etwas tun müssen, um Lerngegenstände in sinnvoller Weise aufzunehmen. Jedes Individuum baut auf bereits bestehendem Wissenstand, neu erworbenes Wissen individuell auf. Deshalb ist das Lernen ein individueller und selbst gesteuerter Prozess. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Lernen immer in soziale Prozesse eingebettet ist. Das Lernen bzw. die Wissensvermittlung ist Kontextgebunden. Wissen kann nicht in mentalen Repräsentationen gespeichert werden, sondern es wird in jedem Kontext neu vermittelt, in dem es angewandt und erlernt werden soll (situiertes Lernen). Wenn der Lernprozess an die Erfahrungen der Lernenden angeknüpft und in deren Umwelt eingebunden wird, dann ist er erfolgreich. Hier wird immer der soziale Kontext der Lernsituation berücksichtigt.
Der soziokonstruktivistische Ansatz ist eine Weiterentwicklung des von Piagets (1928) entwickelten soziokognitiven Konflikts. Piaget erfasste die soziale Interaktion mit anderen Menschen als Rahmenbedingung für die individuelle, kognitive Entwicklung. Nach seinem Ansatz kann es zu einem soziokognitiven Konflikt kommen, wenn Individuen mit unterschiedlichem, kognitivem Entwicklungsstand interagieren. Dabei entwickeln sich individuelle Ansichten und Fähigkeiten, welche wiederum die Basis für weitere Interaktionen bilden. Das bedeutet für kooperatives Lernen, dass die kognitiven Unterschiede der Lernenden individuell als Lernanlass aufgegriffen werden. Bei diesem Ansatz wird auf die individuelle, kognitive Entwicklung fokussiert und die sozialen Rahmenbedingungen insoweit außer Acht gelassen.
Im Gegensatz zum soziokonstruktivistischen Ansatz, der allein die soziale Interaktion für die individuelle Entwicklung erfasst, werden hier beim soziokulturellen Ansatz vielmehr die sozialen Prozesse als Lernanlass angesehen. Als bedeutender Vertreter dieser Richtung kann man Lew Semjonowitsch Wygotski nennen. Nach seiner „cultural- historical Psychologie“ findet Lernen auf zwei Ebenen, der „inter-individuellen“ sowie der „intrapsychischen“ statt. Beim inter-individuellen Lernen wird das Problem durch soziale Interaktion mit einem anderen, erfahreneren Lernenden (oder Betreuer) bewältigt. Durch die soziale Interak-tion mit anderen, die leistungsfähiger sind oder eine Fähigkeit besser beherrschen, werden kognitive Prozesse aktiviert, die den Entwicklungsstand des Lernenden anheben.


Lerngruppe

Beim CSCL steht das Lernen in der Gruppe im Vordergrund. Wenn sich eine Menge von Personen, die ein gemeinsames Interesse verbindet zusammenschließt, wird eine Gruppe gebildet. Die Lerngruppe ist eine Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel „dem Lernerfolg“. Wessner (2004) definiert eine Lerngruppe als eine Gruppe,„(…) deren Mitglieder das Ziel verfolgen, Wissen zu erwerben“ (zitiert nach Wessner in Haake et al., 2004, S. 203 [2]).

Bei der Gruppenbildung spielen viele, miteinander eng zusammenstehenden Faktoren eine entscheidende Rolle. Ein wichtiger Faktor ist die Größe einer Gruppe. Zur optimalen Gruppengröße liegt keine klare Richtlinie vor. Die Gruppengröße wird von der Interaktionsintensität der Lernenden untereinander und ihrer Interaktion mit dem Betreuer abhängig gemacht. Nach der Größe einer Gruppe bestimmen sich die geeignete Kooperationsmethode, sowie die Feststellung der Anteile des einzelnen Mitglieds an der Gruppenarbeit. Weiterhin werden Heterogenität und Homogenität in der Gruppe bezüglich Geschlechts, Kompetenzniveaus, sozialer Herkunft und Alter berücksichtigt. Bei einer homogenen Gruppe sollte die Verständigung einfach funktionieren. Durch gemeinsame Erfahrungen und Fachkompetenzen innerhalb der homogenen Gruppe wird die Zusammenarbeit erleich-tert. Im Gegenteil zu einer homogenen Gruppe existieren bei heterogenen Gruppen unterschiedliche Erfahrungen, Sichtweisen und Kompetenzen. Die Heterogenität in der Lerngruppe fördert die Multiperspektivität und Multikompetenz zur effektiven Aufgabenlösung. Hierbei betont Wessner dennoch die Rolle des Geschlechts. Eine optimale Gruppe ist nach seiner Fassung eine Gruppe, in der ein möglichst gleich großer Anteil männlicher und weiblicher Lernende vorhanden ist. Wenn es nicht gelingt, ist es sinnvoller, die Gruppe nach Geschlechtern auf zu teilen. Darüber hinaus gehören Kooperationsfähigkeit der Lernenden, Lernziel, Aufgabentyp sowie Betreuungsintensität zu den wichtigen Parametern der Gruppenbildung (vgl. Wessner, Schwabe & Haake in Haake et al., 2004, S. 185).


Aufgabe

Der Einsatz von Aufgaben ist ein wichtiges Kriterium zum effektiven kooperativen Lernen. Dadurch können die genannten Lernziele erreicht und die Tätigkeit der Gruppe strukturiert werden. Die Aufgaben sollen nicht irgendwelche Aufgaben sein, sondern sie sollen die Gruppenmitglieder fördern und anregen, Verantwortung zu übernehmen. Die Gruppenmitglieder sollen die gestellten Aufgaben als gemeinsame Aufgaben akzeptieren und wissen, dass jeder einzelne zur Lösung beitragen kann und alle anderen mitwirken können. Dadurch wird die Motivation der Lernenden gesteigert. Dies führt wiederum zu besseren Lernerfolgen.

Neben allgemeinen Kriterien wie Authentizität, Relevanz und Bedeutsamkeit soll die „positive Aufgabeninterdependenz“ speziell für kooperativ zu lösende Aufgaben gewährleistet werden (vgl. Hinze, 2004, S. 83). Unter Aufgabeninterdependenz versteht man die direkte Erforderung und Förderung der Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern durch die Aufgabe. Das entspricht einer gegenseitigen Abhängigkeit der Einzelaufgaben. Je unterschiedlicher die Teilaufgaben miteinander verknüpft sind (abhängig sind), umso mehr wird die Zusammenarbeit der Mitglieder zur Aufgabelösung gefördert. Weiterhin beschreibt Hinze (2004) andere Faktoren, die bei der Aufgabengestaltung berücksichtigt werden sollen (vgl. Hinze, 2004, S. 84-86). Durch die Aufgabenstellung soll eine intensivere Interaktion zwischen den Lernenden stattfinden, welche die kognitive Elaboration beinhaltet. Außerdem sollen die Lernenden das Ergebnis ihrer Gruppe, vor einer größeren Gruppe von Lernenden präsentieren und diskutieren können (Erstellung eines Produktes). Dimensionierung der Aufgabe ist ein Problem der Gruppenarbeit. Die der Gruppe gestellte Aufgabe soll von ihr angemessen gestaltet werden, um dadurch eine Über- oder Unterforderung, was zum Misserfolg beim Lernen führt, zu vermeiden. Darüber hinaus ist die präzise Formulierung der Aufgaben erforderlich.


Betreuunug

Die Betreuung von Gruppen ist ein wichtiges Kriterium zur Erreichung des Lernerfolges.Hierfür muss der Betreuer gleichzeitig die Rolle des Organisators, des Animateurs, des Motivators, Inhalts- und Vermittlungsexperten übernehmen (vgl. Paulsen 1995, Hinze, 2004, S. 88). Die Begriffe wie Coach, Moderator, Mentor oder Tutor werden in diesem Rahmen der Betreuung und Beratung trotz unterschiedlicher Bedeutungen gleichgesetzt. In diesem Zusammenhang wird der Begriff Coach am häufigsten verwendet. Ein Coach hat die inhaltliche Förderung und die Unterstützung und Betreuung von Gruppenprozessen als Hauptaufgabe. Nach der Definition von Schlienger-Merki und Schauer „Coaching ist die begleitende, persönliche und intensive Betreuung und Unterstützung von kollaborativ lernenden Studierenden im E-Learning und findet persönlich oder über die Distanz mit Hilfe technischer Kommunikationsmittel statt. (…) Coaching dient der Lernerfolgkontrolle, der Beratung bei Lernproblemen und der Aufrechterhaltung der Lernmotivation“ (zitiert von Schlienger-Merki & Schauer 2004 in Haake et al., 2004, S. 220).


Quellen

  1. Hinze, 2005
  2. Haake et al., 2004


Literatur

  • Hinze, U. (2004). Computergestütztes kooperatives Lernen. Einführung in Technik, Pädagogik und Organisation des CSCL. Münster - New York – München - Berlin: Waxmann.
  • Haake, J.; Schwabe, G. & Wessner, M. (Hrsg., 2004). CSCL- Kompendium. Lehr- und Handbuch zum computergestützten koopera-tiven Lernen. Oldenbourg.
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