Facettenklassifikation: Unterschied zwischen den Versionen

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*Fuchs, Susanne (2001): ''Klassifikation und Thesaurus.'' Seminararbeit Informationswirtschaft. Wirtschaftsuniversität Wien. Verfügbar unter: https://ai.wu.ac.at/~koch/courses/wuw/archive/inf-sem-ws-00/fuchs/Facettenklassifikation.htm. [30.11.2014].
 
*Fuchs, Susanne (2001): ''Klassifikation und Thesaurus.'' Seminararbeit Informationswirtschaft. Wirtschaftsuniversität Wien. Verfügbar unter: https://ai.wu.ac.at/~koch/courses/wuw/archive/inf-sem-ws-00/fuchs/Facettenklassifikation.htm. [30.11.2014].
  
*Manecke, H.-J. (2004): ''Klassifikation''. In: Kuhlen/Seeger/Strauch (Hrsg.): ''Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation.'' (S. 127-138). München: K.G. Saur.  
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*Manecke, H.-J. (2004): ''Klassifikation''. In: Kuhlen/Seeger/Strauch (Hrsg.): ''Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation.''. 5., völlig neu gefasset Ausgabe. (S. 127-138). München: K.G. Saur.  
  
 
*Schmatz, Franz; Hutzheimer, Jasmin, Schemainda, Katrina; Voigt, Dirk; Brock, Stefan (2004): ''Facettenklassifikation''. Verfügbar unter: https://bscw.uni-duesseldorf.de/pub/bscw.cgi/d2988328/Facettenklassifikation.pdf. [30.11.2014].
 
*Schmatz, Franz; Hutzheimer, Jasmin, Schemainda, Katrina; Voigt, Dirk; Brock, Stefan (2004): ''Facettenklassifikation''. Verfügbar unter: https://bscw.uni-duesseldorf.de/pub/bscw.cgi/d2988328/Facettenklassifikation.pdf. [30.11.2014].

Version vom 1. Dezember 2014, 18:21 Uhr

"Eine Facettenklassifikation (auch analytisch-synthetische Klassifikation) ist eine Kombination der Konstruktionsprinzipien von Notation, Hierarchie und Citation Order aus der Klassifikation mit dem Prinzip der Facettierung. Dabei wird der Wissensbereich nicht in eine starre Baumstruktur wie in der Dezimalklassifikation eingegliedert; die Anzahl der Teilsysteme richtet sich nach der Anzahl von Facetten" (Schmatz et al. 2004).

Historische Entwicklung

Die bekannteste und älteste Form der Facettenklassifikation, die Colon Classification (CC), geht auf den indischen Mathematiker und Bibliothekar Shiyali Ramamrita Ranganathan (1892-1972) zurück. Ranganathan führte anfangs der 20er Jahre das Prinzip der Facettierung in die Klassifikationspraxis der Universitätsbibliothek Madras ein. 1933 entwickelte er die Grundzüge der Colon Classification, welche aktuell in der von 1972 erschienenen siebten, verbesserten Auflage vorzufinden ist. Die Colon Classification ist eine teilfacettierte Universalklassifikation, welche über eine kurze, kaum ausgebildete Hierarchie verfügt. Der Name der Klassifikation lässt sich von "colon" (dt. Doppelpunkt) ableiten, wobei auch weitere Interpunktionszeichen wichtige Bestandteile der Notation bilden.

Colon Classification

Die CC besteht aus logisch angeordneten Klassen, welche mit Grossbuchstaben kennzeichnet werden ( A Wissenschaft, B Mathematik, C Physik usw.). Diese Klassen werden in Unterklassen geteilt, als Notationen werden dabei arabische Ziffern benutzt, was z.B. bei der Gruppierung bei den "Nützlichen Künsten" folgendermassen aussieht:

M — Nützliche Künste

M1 — Buchproduktion und -beschreibung

M13 — Papierherstellung

M14 — Drucken (allgemein)

M143 — Druck

M1435 — Offsetdruck

Klassen können auch zu Doppelklassen zusammengefasst und mit Doppelbuchstaben bezeichnet werden. Danach folgen die in Facetten unter einem Oberbegriff zusammengefassten Einzelbegriffe.

Allgemeines zur Facettenklassifikation

Der Ausgangspunkt bei der Facettenklassifikation ist die Überlegung, dass ein Gegenstandsbereich aus verschiedenen Blickwinkeln oder unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden kann. Aus diesen Aspekten werden Facetten. Facettierte Begriffsordnungen können Wissensdomänen mit deutlich geringerem Platzaufkommen speichern, als dies bei den typischen Klassifikationssystemen der Fall ist. Die Anzahl der Teilsysteme richtet sich nach der Anzahl der Facetten; Facettenklassifikationen besitzen keine starre Baumstruktur, weshalb sie flexibel und jederzeit erweiterbar sind. Die Notation wird bei der Bearbeitung des Dokuments durch Notationen aus den jeweils zutreffenden Facetten zusammengebaut. Ab dem 1. Dokument steht die fertig synthetisierte Notation allen anderen themengleichen oder themenähnlichen Dokumenten zur Verfügung.

Facetten und Foci

Eine Facette ist das Ergebnis der Unterteilung eines Gegenstandsbereichs in grundlegende Aspekte, d.h. nichts anderes als eine Klasse, die einen Begriff auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau repräsentiert. Facetten werden häufig mit Facettenindikatoren versehen, welche ermöglichen, die einzelnen Bestandteile einer zusammengesetzten Notation als solche zu identifizieren. Die Ausprägungen einer Facette werden als Foci bezeichnet. Auch bei Foci handelt es sich um Klassen, jedoch auf einem niedrigeren Abstraktionssniveau. Somit können Foci als Unterklassen von Facetten bezeichnet werden.

Beispiel: Klassifizierung von Personen

  • Facetten--> Geschlecht/Alter
  • Foci--> männlich/weiblich, Erwachsene/Kinder

Das Beispiel zeigt, dass sich die Klassen ausschliessen, also eindimensional sind. Eine Person kann entweder männlich oder weiblich sein, bzw. Kind oder Erwachsene sein.

Eigenschaften

Analytisch-synthetische Klassifikationen gehen im Gegensatz zu typischen, starr strukturierten analytischen Klassifikationen von den in der Systematik zusammengestellten, gleichrangigen Merkmalsbegriffen eines Wissensgebiets aus (z.B. Objekte, Eigenschaften, Personen, Zeit) denen die entsprechenden Einzelbegriffe, also Foci oder Isolate genannt, zugeordnet werden. Begriffsgruppen, welche auf diese Weise entstehen, werden Facetten oder Kategorien genannt. Facetten lassen sich fünf Grund- bzw. Fundamentalkategorien zuordnen:

Facetten

Zu den Facetten zählen ferner auch allgemeine, für alle Klassen geltende genormte Reihen von formbeschreibenden, chronologischen und geographischen Begriffen sowie Unterteilungen nach Sprachen. Für die Anwendung der Facettenmethode ist die Folge der fünf Grundkategorien P-M-E-S-T als verbindliche Reihenfolge festgelegt worden (citation order). Durch die Citation Order wird gewährleistet, dass thematisch verwandte oder ähnliche Dokumente nebeneinander auftreten. Jeder Focus einer Facette wird durch eine Notation charakterisiert. An einen Focus der 1. Facette können alle Foci der 2. Facette angehängt werden, an diese wiederum die Foci der 3. Facette etc. Die Foci sind disziplinspezifisch und kontextabhängig ausgerichtet, weshalb z.B. die Energie-Facette bei Medizin ganz anders aussieht, als bei Landwirtschaft.

Hauptbestandteile sind die Tafeln der Klassen, der ihnen zugeordneten Facetten sowie ein alphabetisches Register. Die Unterscheidung von Haupt- und Hilfstafeln fällt weg, alle Tafeln sind quasi gleichberechtigt.

Weitere notwendige Untergliederung erfolgt durch (Unter-) Facetten. Facettenklassifikationen sind ahierarchisch und mehrdimensional, mit ihnen können postkoordinativ, d.h. erst bei der Erschliessung von Wissensquellen sehr komplexe Sachverhalte wiedergegeben werden:

Beispiel

  • Sachverhalt: Verhütung von Hautkrankheiten bei Chemiearbeitern
  • Notation: CgHeMbi
  • Erläuterung:

--> Cg Hautkrankheiten (Aus der Facette C= Berufskrankheiten)

--> He Verhütungsmassnahmen (Facette H= Arbeitsschutz

--> Mbi Chemiearbeiter (Facette M= Berufsgruppen)

Der Klassifikation liegt das Ordnungsprinzip der perspektivischen Ordnung zugrunde. Die perspektivische Ordnung lebt von Analyse (Unterteilen in Facetten und Foci) und Synthese (Zusammensetzen der Facetten und Foci beim Indexieren), d.h. ein Sachverhalt wird mehrfach analysiert, das Analyseergebnis wird aus vorgegebenen Elementen zusammengesetzt. Hierarchien werden zwar berücksichtigt, werden aber frei miteinander kombiniert.

Erstellung und Anwendung

Bei der Erstellung von Facettenklassifikationen gilt im Gegensatz zu präkombinierten Klassen das Bottom-up-Prinzip. Zuerst müssen also Begriffe ermittelt werden, um danach Facetten zu bestimmen, denen diese Begriffe zugeordnet werden. Dabei gilt das Prinzip, die Facetten so allgemeingültig wie möglich zu halten, so dass jedem Dokument nach Möglichkeit ein Focus aus jeder Facette zugeordnet werden kann. Bei der Anordnung der Foci einer Facette wird nach der hierarchischen Ordnung vorgegangen, die Foci werden mit einer Notation versehen; die Synthese der Einzelnotationen zu einer Gesamtnotation ergibt die Notation.

Facettenklassifikationen werden als Spezialklassifikationen eingesetzt und sind ihrer Reinform nicht sehr verbreitet. In der Praxis sind eher präkombinierte Klassifikationen mit facettenartigen Komponenten anzutreffen, wie dies bei den Universalklassifikationen DDC und DK der Fall ist. Von ihrem Strukturprinzip her sind sie aber flexibler und ausdrucksfähiger als präkombinierte Klassifikationen, weshalb deren Erstellung und Pflege sich unproblematisch gestalten lässt.

Quellen

  • Bertram, Jutta (2005): Präkombinierte und Facettenklassifikation. Einführung in die inhaltliche Erschließung: Grundlagen, Methoden, Instrumente. Content and communication: Bd. 2. Würzburg: Ergon-Verl.
  • Manecke, H.-J. (2004): Klassifikation. In: Kuhlen/Seeger/Strauch (Hrsg.): Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation.. 5., völlig neu gefasset Ausgabe. (S. 127-138). München: K.G. Saur.

Weiterführende Literatur

  • Gaus, Wilhelm(2005): Dokumentations- und Ordnungslehre. Theorie und Praxis des Information Retrieval. 5., überarb. Aufl. Berlin:Springer.
  • Stock, Wolfgang; Stock, Mechthild (2008): Wissensrepräsentation. Informationen auswerten und bereitstellen. München: Oldenbourg.

Weblinks

http://www.duden.de/rechtschreibung/Facettenklassifikation

http://de.wikipedia.org/wiki/Facettenklassifikation

Verwandte Begriffe

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