Mensch-Computer-Interaktion: Unterschied zwischen den Versionen

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* H.­D. Luckhardt, ''Virtuelles Handbuch''. http://is.unisb.de/studium/handbuch/index.php 2004
 
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Version vom 11. Januar 2006, 22:16 Uhr

Begriffsklärung

Die Mensch-Computer-Interaktion (MCI) (engl. Human-computer interaction, HCI) beschäftigt sich
mit dem Design, der Auswertung und der Umsetzung von interaktiven Systemen bzgl. einer benutzer-
gerechten Gestaltung. Die entsprechende Wissenschaft, die sich um eine Verbesserung der MCI bemüht
ist die Software-Ergonomie (SE) (griech. ergon = Arbeit, Werk; nomos = Gesetz, Regel).
Dies ist die Wissenschaft von der Benutzbarkeit und Gebrauchstauglichkeit von Computer-
Programmen. Sie ist ein Teilgebiet der Mensch-Computer-Interaktion.
Die Software-Ergonomie ist eine Form des Interface Designs, das sich mit der Benutzer-Schnittstelle
(engl. Interface) zwischen Mensch und Computer (oder allgemeiner: zwischen Menschen und
manipulierbaren Objekten) beschäftigt.

Entwicklung von Mensch-Computer-Interaktion (MCI)

Ein kurzer Überblick über die Geschichte von Mensch-Computer-Interfaces:

50er – Interface auf Hardware-Ebene für Ingenieure – Schaltpulte

60-70er – Interface auf Programmier-Ebene – COBOL, FORTRAN

70-90er – Interface auf Terminal-Ebene – Kommandosprachen

80er – Interface auf Dialog-Ebene (Interaktion) – GUIs, Multimedia

90er – Interface im Arbeitshintergrund – vernetzte Systeme, Groupware

00er – Interfaces sind überall vorhanden: Bluetooth Technologie, Radio Frequency Tags (RF Tags),
mobile Geräte, Unterhaltungselektronik, interaktive Bildschirme, eingebettete Technologien

Gebrauchstauglichkeit (engl. Usability)

Im Deutschen gibt es keine entsprechende Übersetzung die den Begriff Usability genau erfasst,
daher wird er oft auch umgangssprachlich mit Benutzerfreundlichkeit übersetzt.
Mit Usability werden die Kernanforderungen an ein Produkt beschrieben. Dies ist der wichtigste
Aspekt den es bei Interface-Design im Allgemeinen zu berücksichtigen gilt.
Die Anforderungen an ein Produkt sind im Wesentlichen die folgenden:
Das Produkt sollte effektiv zu nutzen sein, d.h. das angestrebte Ziel wird erreicht. Weiterhin
sollte es effizient zu nutzen sein, d.h. der Weg zum dem Ziel ist genügend schnell zurückzulegen.
Eine bestimmte Grundsicherheit muß gewährleistet werden. Weder die Sicherheit des Nutzers
noch des Produktes darf gefährdet werden. Das Produkt sollte einen Gebrauchsnutzen haben, be-
ziehungsweise ein nützliches "Werkzeug" sein nach dem ein Bedarf besteht. Im Gebrauch sollte
es leicht zu erlernen sein. Danach muß die erlernte Handhabung auch entsprechend leicht zu
erinnern sein.


Siehe auch: Usability Testing und Engineering



Design Richtlinien

(vgl. DIN-Norm EN 29241, Teil 10)

Nun folgen einige grundlegende Richtlinien, die bei richtiger Anwendung die An-
forderungen an die Usability gewährleisten sollten.
(Diese sind teilweise an oben angeführten DIN-Normen orientiert.)

Aufgabenangemessenheit

Das Produkt sollte auf den Verwendungszweck ausgerichtet sein.
Folglich müssen Mittel brereitgestellt werden um diesen zu erfüllen.

Übersicht und Oberflächen

(vgl. DIN Kriterien Selbstbeschreibungsfähigkeit, Erwartungskonformität)

Um eine geignete Navigation (im weitesten Sinne) zu erreichen, sollten gut erkennbare Wege und
Markierungen, für Standardfunktionen vorgegeben werden.
Solche sind z.B. stabile Elemente wie (Navigations) Menüs, die somit dem Nutzer Orientierung und
Sicherheit vermitteln. Ein Kernpunkt, den es zu beachten gilt, sind eine sinnvolle Größe und Platzierung
von relevanten Bereichen (s. “Gesetz von Fitt??).
Zusätzlich sind eine gut wahrnehmbare und solide Hinweisfunktion wichtig, diese bietet als "kleiner Bruder"
der Hilfefunktion eine kontextsensitive Soforthilfe (z.B. bei Mouseover oder einem direkten Erklärungstext
neben der Funktion).
Eine ausreichende "Rückgängig" ­ Funktion (Undo) ist ebenso unerlässlich. Diese hält den Nutzer zum Ex-
perimentieren an und läßt ihn nicht von jeder unbekannten Funktion zurückschrecken.
Im Zuge der Orientierungshilfen sollte zu jedem Zeitpunkt immer ein Ausweg deutlich sichtbar sein, durch
diesen man zurück oder an den Anfang gelangt.

Das Gesetz von Fitt

Dieses Gesetz beschreibt die Beziehung zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit.
Das Gesetz sagt vorher, dass die Zeit um auf ein Objekt mit einem “Gerät?? (z.B. Maus) zu zeigen,
eine Funktion über die Distanz zum Ziel und der Grösse des Objekts ist.
Sprich: Je weiter entfernt und je kleiner das Objekt ist, um so länger ist die Zeit dieses zu lokalisieren.

Fazit:

  • Berücksichtige die Relation von Distanz zu Grösse
  • Vermeide lange Distanzen
  • Wo befindet sich die Maus/Stift am häufigsten?
  • Vermeide kleine Ziele
  • aktive Bereiche sollten so groß wie möglich sein



Rückmeldungen /Feedback

(vgl. DIN Kriterien Steuerbarkeit, Fehlerrobustheit)

Um die Nutzer immer im Gefühl der Kontrolle zu halten, ist es wichtig sie mit genügend Informationen zu versorgen,
damit sie Entscheidungen treffen und reagieren können.
Deshalb biete immer hinreichend sichtbare Statusinformationen an.
Es sollte jederzeit ersichtlich sein, an welchem Punkt im Programm oder einer Befehlskette man sich befindet.
Die Statusinformationen sollten Aufschluss darüber geben, ob ein gegebener Befehl ausgeführt wird. In diesem
Fall ist es sinnvoll zu wissen, wie lange die Ausführung noch andauert.

Beschränkungen

Beschränkungen sollten als hilfreiches Mittel zur Klarstellung der Funktionsweise dienen.
Durch geschickte Beschränkung der möglichen Aktionen, die ausgeführt werden können, wird dem
Nutzer bei der Auswahl geholfen. Damit lassen sich direkt und einfach inkorrekte Optionen vermeiden.

Man unterscheidet 3 Haupttypen:

  • physisch
Dieser Typus besitzt eine geringe Bedeutung für SoftwareErgonomie. Er tritt höchstens in Adaptionen aus
der realen Welt auf, z.B. in Form von Knöpfen, Schiebern oder vergleichbarem.
  • kulturell
Dies sind beliebige gelernte Konventionen, wie etwa rote Dreiecke als Warnsymbol.
Deren Bedeutung ist in einer Kultur offensichtlich in einer anderen aber unklar oder sogar mißverständlich.
  • logisch
Diese Beschränkugnen beziehen sich auf das allgemeine Verständnis von Zusammenhängen.



Abbildung / Zuordnung

Ein wichtiger Punkt, um die Zugänglichkeit eines Produktes und dessen Bedienungsoberfläche zu steigern sind
entsprechende Abbildungen. Diese setzen die Bedienelemente mit deren Bewegungs-, Anwendungsmöglichkeiten und
dem Ergebnis in Beziehung.
Ein Beispiel hierfür sind die Bedienelemente eines CD-Spielers. Hier stehen die Tasten << und >> für schnelles
Zurück- und Vorspulen und die Tasten |< und >| ein Lied zurück- und ein Lied vorspringen.

Konsistenz

(vgl. DIN Kriterium Erwartungskonformität)

Wir unterscheiden zwei Arten:

  • Interne Konsistenz: innerhalb einer Anwendung
  • Externe Konsistenz: anwendungs- und geräteübergreifend


Konsistenz erleichtert die Zugänglichkeit eines Produktes dahin gehend, dass Wissen von anderen
änhnlichen Produkten (externe Konsistenz) oder von anderen Bereichen desselben Produktes (interne
Konsistenz) übernommen werden kann. Dadurch sind konsistente Interfaces einfacher und schneller
zu erlernen.

Um diese Konsistenz zu erreichen, entwerfe Interfaces so, dass sie ähnliche Operationen haben.
Ähnliche Operationen sollten sich auch entsprechend gleich verhalten. Benutze ähnliche Elemente
für ähnliche Aufgaben, z.B. immer "Strg" plus die Initiale des Kommandos für die Operation.
Siehe Strg+C zum Kopieren (engl. copy), Strg+S zum Speichern der Datei, Strg+O zum Öffnen einer
Datei (engl. open).

Selbstbeschreibungsfähigkeit

(engl. Affordances)

Dies bezieht sich auf Eigenschaften eines Objektes, welche die Nutzer wissen lassen, wie diese Objekte zu
benutzen sind. Das Objekt impliziert also direkt auf Grund seiner Beschaffenheit die Art der Verwendung.

Auch hier haben wir zwei Arten:

  • physisch
z.B. Türklinken, Lichschalter
Bei einem Lichtschalter ist direkt ersichtlich wie er zu Hand zu haben ist.
  • virtuell
z.B. der Papierkorb auf dem WindowsDesktop, Scrollbars, Icons
In diesem Bereich sind es eher Assoziationen mit Gegenständen aus der Realität.
Somit sind dies oftmals gelernte anstatt erschlossene Eigenschaften.



Lernförderlichkeit

Generell sollte der Umgang mit einem Produkt leicht erlernbar sein. Hier gilt es aber auf die richtige Balance
zu achten. So sollte der Umgang mit dem Produkt für Anfänger durch entsprechende Hilfen leicht zu erlernen sein.
Dennoch sind Abkürzungen unverzichtbar, um einen guten Arbeitsfluß für Experten zu gewährleisten. Diese beiden
Aspekte können sich leicht im Wege stehen. Wird etwa für Anfänger bei Standardfunktionen zu oft nach Bestätigungen
gefragt, bremst das einen fortgeschrittenen Nutzer unnötig aus.
Eine Möglichkeit besteht darin die Anwendung mit verschiedenen Konfigurationen zu versehen. Damit kann nun eine An-
passung an den jeweiligen Fortschritt des Nutzers erfolgen.

Über diese Balanceproblematik hinaus ist es überaus wichtig, dass eine bereits erlernte Funktion auch leicht wieder
zu finden ist. Darum ist es angeraten Funktionen logisch anzuordnen (Kategorien und Unterkategorien).




Ergänzungen zu Typographie

Serifenschriften fassen Buchstaben zu Wörtern zusammen, daher sind sie gut für größere
zusammenhängende Texte zu gebrauchen. Hingegen eignen Sans-Serif-Schriften sich besser für "unruhige"
Hintergründe, da sie sich von diesen besser abheben.

Für grössere Texte ist es anzuraten Kolumnen zu verwenden, die zudem klein gedruckt sind. Das hat
den Vorteil, dass man beim Sprung vom Zeilenende zum Anfang der nächsten nicht die Zeile verliert.
Kolumnen lassen sich also viel schneller lesen.
Vermeiden sollte man zudem sogenannte “Witwen und Weisen??. Das sind z.B. Endzeilen von Abschnitten,
die auf einer neuen Seite stehen oder auch Anfangszeilen von Abschnitten auf Seitenenden.

Wie Interfaces Nutzer beeinflussen können

Affektive Aspekte befassen sich damit, wie Benutzer emotional auf interaktive Systeme reagieren.
Unnötig zu sagen, dass gut designte Interfaces gute Gefühle auslösen und Spass machen können.
Ebenso wie schlecht designte den Nutzer verärgern und frustrieren können. Darüber hinaus ist anzu-
merken, dass ausdrucksstarke Interfaces ein versicherndes Feedback vermitteln können.

Zunehmend werden auch Anthropomorphismen (Vermenschlichungen) in Form von Agenten und virtuellen
Bildschirmcharakteren in Anwendung gebracht. Diese sind bislang aber zwiespältig zu betrachten.
Auf der einen Seite vermitteln sie dem Nutzer einen vertrauteren Eindruck und Austausch. Auf der
anderen Seite haben sie aber auch mit den Konsequenzen daraus zu kämpfen. So erwartet der Anwender
von seinem vermeintlich menschlichen Gegenüber auch das entsprechende Verhalten in Bezug auf
Kommunikation, Reaktion und Intelligenz.



Abschliessend noch ein Satz Faustregeln von den Größen des Interface-Designs.
Diese geben oben genannte Richtlinien in Kurzfassung wieder.
(Teilweise sind sie redundant, aber da sie sich ein Stück weit ergänzen sind hier beide aufgeführt.)

Zehn Benutzerfreundlichkeits-Heuristiken von Jakob Nielsen

?? Sichtbarkeit des Systemstatus
Genügend Feedback über laufende Funktionen oder den Systemstatus muß stets
einsehbar sein.

?? Verknüpfung zwischen dem System und der realen Welt
Es ist hilfreich entpsrechende Konzeptmodelle zu erarbeiten, die auf einer
Analogie aus der realen Welt basieren. Dadurch ist die Funktionsweise für
den Nutzer viel schneller nachvollziehbar oder sogar vorhersehbar.

?? Kontrolle und Freiheit des Benutzers
Der Nutzer sollte immer das Gefühl haben in der Kontrolle zu sein.
Dennoch sollte man dem Benutzer nicht grenzenlose Freiheit einräumen, da
er ansonsten überfordert sein und Fehler machen könnte.

?? Konsistenz und Standards
Man sollte immer auf entsprechende interne und externe Konsistenzen achten.
Darüber hinaus sind, außer in speziellen Ausnahmen, immer bestehende Standards
zu berücksichtigen (z.B.W3C).

?? Fehler-Vorbeugung
Potentielle Fehlerquellen sollten frühzeitig eliminiert werden. Dem Nutzer muß
zudem ausreichend Anleitung erhalten, um keine Fehler zu verursachen.

?? Wiedererkennen vor Überlegen
Bevor der Nutzer nachdenken muß, wie eine Funktion zu bewerkstelligen oder wo
sie zu finden ist, sollte er sie direkt anhand des Interfaces wiedererkennen
können.

?? Flexibilität und Effizienz der Benutzung
Dies bezieht sich auf die nötige Balancierung zwischen Abkürzungen
(engl. shortcuts) für Experten und ausführlicher Hilfestellung für Anfänger.

?? Ästhetisches und minimalistisches Design
Ein Design sollte stets ästhetisch ansprechend sein, aber dennoch minima-
listisch, um unnötige Verwirrung und Übersichtsverlust zu vermeiden.

?? Hilfe für den Nutzer, Fehler zu erkennen, zu prüfen und sich
aus diesen zu retten

?? Hilfe und Dokumentation


Ben Shneidermans “Acht goldene Regeln des Interface Design??

1. Streben nach Konsistenz
Setze möglichst viele interne und externe Konsistenze ein, natürlich nur wenn dies sinnvoll
erscheint.

2. Ermögliche es häufigen Nutzern Abkürzungen zu benutzen
Dies bezieht sich auf die nötige Balancierung zwischen Abkürzungen (engl. shortcuts) für
Experten und ausführlicher Hilfestellung für Anfänger.

3. Biete informative Rückmeldungen
Genügend Feedback über laufende Funktionen oder den Systemstatus muß stehts einsehbar sein.

4. Entwerfe abgeschlossene Dialoge
Hiermit soll erreicht werden, dass es dem Nutzer bewußt wird, wann eine Funktion/Befehlskette
abgeschlossen ist. Durch diese sichtbare Einkapselung weis der Nutzer, wann eine neue Funktion
gestartet werden kann. Zusätzlich wird damit eine ununterbrochene Anspannung des Nutzers vor-
gebeugt.

5. Biete einfache Fehlerbehandlung
Der Benutzer darf nicht verzweifeln, wenn ein Fehler auftaucht. Nach Möglichkeit sollten ver-
ständliche Informationen über potentielle Ursachen gegeben werden. Sehr wichtig ist es einen
Ausweg anzubieten, um in den normalen Sytem/Programmbetrieb zurück zu gelangen.

6. Erlaube einfache Umkehrung von Aktionen
Eine ausreichende Undo-Funktion ist für einen entspannte Gebrauch des Produkts unerlässlich.

7. Unterstütze interne und lokale Kontrolle
Der Nutzer sollte immer das Gefühl haben in der Kontrolle des Sytems/Programms zu sein.

8. Verringere Abfragen des Kurzzeitgedächtnisses
Man sollte vermeiden dem Nutzer zu viele Fakten aufzubürden, die man auch problemlos zusätzlich
anzeigen kann. Beispiel: Bei einem Installationsmenü kann man im jeden Schritt die bereits getätigten
Konfigurationen (Installationspfad...) trotzdem anzeigen. Somit vermeidet man ein ständiges "blättern"
in den Konfigurationen.



Referenzen