Interfacedesign: Affektive Aspekte: Unterschied zwischen den Versionen
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Durch unangebrachtes oder schlecht geplantes Design können beim User negative Emotionen entstehen. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Ursachen, z.B. wenn der Nutzer eine simple Aufgabe erwartet und diese plötzlich sehr komplex erscheint. Dies kann passieren, wenn man in einem Textverarbeitungsprogramm beispielsweise die Formatierung ändern möchte. Dies ist theoretisch ein simpler Vorgang. Oft jedoch funktioniert dieses Programm nicht so wie es sollte: Absätze verschwinden oder Aufzählungen werden neu numeriert usw. Der User fühlt sich dann betrogen und überfordert. Dies führt zu negativen Emotionen wie Wut, Ärger und Frustration. | Durch unangebrachtes oder schlecht geplantes Design können beim User negative Emotionen entstehen. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Ursachen, z.B. wenn der Nutzer eine simple Aufgabe erwartet und diese plötzlich sehr komplex erscheint. Dies kann passieren, wenn man in einem Textverarbeitungsprogramm beispielsweise die Formatierung ändern möchte. Dies ist theoretisch ein simpler Vorgang. Oft jedoch funktioniert dieses Programm nicht so wie es sollte: Absätze verschwinden oder Aufzählungen werden neu numeriert usw. Der User fühlt sich dann betrogen und überfordert. Dies führt zu negativen Emotionen wie Wut, Ärger und Frustration. | ||
− | Auch vermeintliche Helfer, sog. Companions, können die Ursache negativer Emotionen werden. Hier ist besonders, die wegen seiner Unbeliebtheit zu Prominenz gekommene, virtuelle Büroklammer Clippit | + | Auch vermeintliche Helfer, sog. Companions, können die Ursache negativer Emotionen werden. Hier ist besonders, die wegen seiner Unbeliebtheit zu Prominenz gekommene, virtuelle Büroklammer Clippit von Microsoft Office 97 zu nennen. „Clippy“ ist so programmiert, dass es vor und während der Erstellung eines Dokuments „hilfreiche“ Kommentare gibt und Fragen stellt. Diese Hilfestellungen erscheinen dem Benutzer wiederholt und unaufgefordert. Clippy wirkt daher sehr aufdringlich, störend und kontraprodukitv – da sie den User ursprünglich unterstützen sollte. Darüberhinaus hatte der Nutzer der Office Suite 97 nicht einmal die Möglichkeit Clippy zu deaktivieren. Daher wurde Clippy in diversen Communities kritisiert und verhöhnt . Microsoft reagierte mit der möglichen Aktivierung in Office XP und nahm Clippy letztlich mit Office 2007 ganz aus dem Programm. |
Version vom 17. April 2008, 13:14 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Interaction- & Interfacedesign
Um den Begriff Interfacedesign zu erläutern, sollte an dieser Stelle zunächst der übergeordnete Begriff des Interactiondesigns eingeführt werden. Darunter wird "das Designen von interaktiven Produkten, um Menschen in ihrem alltäglichen und beruflichen Leben zu unterstützen" (Sharp. 2007. S.6. Übers. d.A) verstanden. Diese interaktiven Produkte sind technische Geräte, die Menschen täglich nutzen: Mobiltelefone, MP3 Player, DVD Player, Waschmaschinen, Fernseher, Digitaluhren, Navigationssystem, Bankautomaten, ... und natürlich Computer. Der Nutzer interagiert mit dem jeweiligen Produkt über die sogenannte Benutzerschnittstelle, dem Interface. Interfacedesign beschäftigt sich also mit dem Design dieser Benutzerschnittstellen. Es gibt eine goldene Regel für das Design: "understand your material". Deshalb sollte der Designer im Rahmen der Human-Computer Interaction, zum einen den Computer, vor allem aber den Menschen und sein Benutzerverhalten verstehen. („know your user(s)!“)
Definition: Affektive Aspekte
Was bedeutet affektiv? Der Duden gibt folgende Antwort: af|fek|tiv <Adj.> [spätlat. affectivus] (psych.): gefühlsbetont, durch Affekte gekennzeichnet. Diese Definition ist jedoch nicht ausreichend für diese Arbeit. Es wird weiterhin die Erläuterung von „Affekt“ benötigt.
Affekt im Sprachgebrauch
Im Deutschen gibt es den Ausdruck: „im Affekt“ handeln. Gemeint ist damit eine gefühlsbetonte; im Gegensatz zur vernunftsbestimmten Reaktion. Affekt [lateinisch] der, heftige Gemütsbewegung (z. B. Freude, Wut, Begeisterung), die meist mit starken Ausdrucksbewegungen und Veränderungen von Herztätigkeit, Atmung, Gesichtsfarbe verbunden ist. (Meyers Lexikon Online. Affekt.) Die hervorgerufenen Reaktionen können natürlich verschieden stark sein; je nach Temperament.
Affekt im strafrechtlichen Sinn
Die Rechtswissenschaft spricht von einer Affekthandlung, wenn während einer Tat die Subjektivität (= Emotionen ) stärker ist als die Objektivität (=Verstand). Eine Person, handelt im Affekt unüberlegt, spontan und in einem stark gefühlsbetonten Zustand. Eine Tat, die nachgewiesener Maßen im Affekt ausgeführt wird, kann ein geringeres Strafmaß nach sich ziehen; ähnlich wie dies beim Einfluss von Alkohol oder Drogen möglich ist.
Eine kognitions-psychologische Definition
Was geschieht bei einem Menschen in diesem Zustand? Wie entsteht ein solcher Affekt? „Ein Affekt ist eine von inneren oder äußeren Reizen ausgelöste, ganzheitliche psycho-physische Gestimmtheit von unterschiedlicher Qualität, Dauer und Bewusstseinsnähe.“ (Ciompi. 1997. S.67) Forscher der Kognitionspsychologie beschäftigen sich mit Affekten, Emotionen und Gefühlen und ziehen klare Grenzen zwischen den einzelnen Begriffen. In dieser Arbeit können diese Grenzen verschwimmen. Der Fokus liegt eher auf der Anwendung des Begriffs Affekt als auf der philosophischen Auseinandersetzung und Unterscheidung zwischen Emotionen und Gefühlen.
Interfaces und Emotionen
Spontane und geplante Emotionen Im Zeitalter des User-Centered Design stehen sowohl die unmittelbare Situation des Users während der Anwendung, als auch dessen Kognitionen und somit Emotionen im Vordergrund. Daher haben affektive Aspekte eine größere Beachtung in der Forschung bekommen. Donald Norman, der dafür kritisiert wurde, Usability stets unter Ausschluss von Emotionen zu untersuchen, legt mittlerweile seinen Schwerpukt gerade auf diese affektiven Aspekte. Er ist der Meinung, dass „cognitive scientists now understand that emotion is a necessary part of life, affecting how you feel, how you behave, and how you think.“ (Norman. 2004. S. 5) Die affektiven Aspekte von Interfaces beziehen sich daher auf:
- spontane Emotionen, die beim User während der Benutzung entstehen
- geplante Emotionen, die von Interfaces hervorgerufen werden sollen
- demonstrierte Emotionen, des Users oder des Systems
In der Regel sollen Interfaces positive Emotionen hervorrufen. Im Idealfall entsprechen geplante und spontane Emotionen einander. Die Interfaces wurden daher erfolgreich unter Berücksichtigung der affektiven Aspekte designt.
Häufig jedoch werden diese Aspekte unterschätzt, sodass geplante und spontane Emotionen voneinander abweichen. Das bedeutet, dass diese Interfaces negative Emotionen hervorrufen, die in der Regel nicht vorher geplant, bzw. nicht in Erwägung gezogen wurden. Nutzer eines Interfaces können dann im Affekt handeln, vor allem, wenn sie stark emotional erregt sind. In der Kognitionspsychologie spricht man in diesem Zusammenhang bei negativen Emotionen von der sogenannten computer rage.
Systeme und Benutzer haben durch die Entwicklung expressiver Interfaces die Möglichkeit, Emotionen zu zeigen.
Expressive Interfaces
Mit dem technischen Fortschritt wurden die Interfaces von Computern grafischer und somit benutzerfreundlicher. Computer ohne diese „graphical user interfaces“ (GUI), sind heute kaum noch vorstellbar. Expressive Interfaces benutzen ausdrucksstarke (=expressive) Icons und andere grafische Elemente, um den "emotionalen Zustand" des Systems wiederzugeben (Sharp. 2007. S.143). Der iPod zeigt zum Beispiel eine traurige Version seiner selbst, wenn er durch einen Defekt nicht betriebsbereit ist.
Neben Icons gibt es weitere ausdrucksstarke Möglichkeiten, um dem User Rückmeldungen über den Zustand des Systems zu geben:
- Animationen: Eine bewegte Sanduhr zeigt, dass der Computer gerade einen großen Rechenaufwand betreibt - verbale Hinweise: „You got Mail“ als Benachrichtigung für neue elekronische Post - diverse Sounds: beim Systemstart und der Beendigung, beim Erhalt von Kurznachrichten, bei Fehlern im System
Auch User nutzen expressive Symbole um Auskunft über ihr Gemütszustand zu geben. Instant Messenger geben Anwendern die Möglichkeit, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. ICQ bietet eine Palette von Smilies, die der Verfasser einer Kurznachricht direkt in den Text einbinden kann.
Diese Art des Gefühlsausdrucks begann mit der Erfindung der Emoticons; einer Wortkombination aus: emotion und icon. Sie ergaben sich aus der Aneinanderreihung von Zeichen und Buchstaben und stammen aus der Zeit, als die Einbindung von Grafiken technisch noch nicht möglich war :-(
Gutes Design - positive Emotionen
Das Design eines Interfaces sollte angenehm und benutzerfreundlich sein. Expressive Interfaces sollten so designt sein, dass sie zu positiven Gefühlen beim Nutzer führen. Dieser soll sich wohl fühlen, wenn er mit dem System arbeitet. Die Benutzung soll sogar Spaß machen. Ausdrucksstarke Interfaces informieren über den Zustand des Systems und geben dem User Feedback. Dies kann von Vorteil sein, insofern dieses Feedback sinnvoll ist. Der Benutzer kann so in seiner Arbeit unterstützt werden. Neben diesen möglichen objektiven Vorteilen gibt es auch subjektive. Expressive Interfaces erfordern einen großen Designaufwand. Wird dieser richtig betrieben, können Interfaces optisch sehr ansprechend sein. Dies wiederum kann die Usability positiv beeinflussen. Noam Tractinsky erforschte diese Thematik und fand einen Zusammenhang mit der Attraktivität und der Usability eines Produktes. (Tractinsky. 1997,2000) und überschreibt seine Befunde provokant: „What is beautiful – is usable“ (Tractinsky. 2000).
Schlechtes Design - negative Emotionen
Durch unangebrachtes oder schlecht geplantes Design können beim User negative Emotionen entstehen. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Ursachen, z.B. wenn der Nutzer eine simple Aufgabe erwartet und diese plötzlich sehr komplex erscheint. Dies kann passieren, wenn man in einem Textverarbeitungsprogramm beispielsweise die Formatierung ändern möchte. Dies ist theoretisch ein simpler Vorgang. Oft jedoch funktioniert dieses Programm nicht so wie es sollte: Absätze verschwinden oder Aufzählungen werden neu numeriert usw. Der User fühlt sich dann betrogen und überfordert. Dies führt zu negativen Emotionen wie Wut, Ärger und Frustration. Auch vermeintliche Helfer, sog. Companions, können die Ursache negativer Emotionen werden. Hier ist besonders, die wegen seiner Unbeliebtheit zu Prominenz gekommene, virtuelle Büroklammer Clippit von Microsoft Office 97 zu nennen. „Clippy“ ist so programmiert, dass es vor und während der Erstellung eines Dokuments „hilfreiche“ Kommentare gibt und Fragen stellt. Diese Hilfestellungen erscheinen dem Benutzer wiederholt und unaufgefordert. Clippy wirkt daher sehr aufdringlich, störend und kontraprodukitv – da sie den User ursprünglich unterstützen sollte. Darüberhinaus hatte der Nutzer der Office Suite 97 nicht einmal die Möglichkeit Clippy zu deaktivieren. Daher wurde Clippy in diversen Communities kritisiert und verhöhnt . Microsoft reagierte mit der möglichen Aktivierung in Office XP und nahm Clippy letztlich mit Office 2007 ganz aus dem Programm.