Abstracting

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Historische Entwicklung

Abstracts (im Folgenden wird auch das Synonym Kurzreferat verwendet) wurden aufgrund der ständig steigenden Produktion von wissenschaftlichen Texten notwendig (vgl. Publikationsflut). Das Ziel der Erstellung von Abstracts war es, einen Überblick über die neuen Erkenntnisse in den einzelnen Wissenschaftsbereichen zu erlangen. Dies gilt sowohl für die Gruppe der Produzenten der wissenschaftlichen Arbeiten, wie zum Beispiel den Wissenschaftlern, als auch für die Gruppen, die ihre Informationen aus den Dokumenten erhalten, wie Journalisten, Techniker, Manager, Politiker. Erste Anstrengungen, wissenschaftliche Arbeiten zu ordnen, fanden im 17. Jahrhundert statt. Nach verstärkten Anstrengungen entwickelten sich seit dem 20. Jahrhundert die sogenannten Referateorgane, in denen die einzelnen Kurzreferate zu dem jeweiligen Wissenschaftsbereich gesammelt werden. Der Zugriff auf die Referateorgane findet zunehmend über Online-Datenbanken statt.


Definition

„Das Kurzreferat gibt kurz und klar den Inhalt des Dokuments wieder. Das Kurzreferat soll informativ ohne Interpretationen und Wertung und auch ohne die Originalvorlage verständlich sein. Der Sachtitel soll nicht wiederholt, vielmehr, wenn nötig, ergänzt oder erläutert werden. Es müssen nicht alle Inhaltskomponenten des Dokuments dargestellt, sondern es können diejenigen ausgewählt werden, die von besonderer Bedeutung sind“ (nach DIN 1426, 1988).


Typen von Abstracts

Unterscheidung hinsichtlich des Verfassers

Autorenreferat:

Das Autorenreferat wird vom Verfasser des Originaldokuments hergestellt und auch zeitgleich mit diesem veröffentlicht, wodurch ein Zeitvorteil entsteht, da der Benutzer zeitnah auf das Abstract zugreifen kann. Jedoch können rechtlich schwierige Situationen bei der Übernahme in Referateorgane oder Online-Datenbanken entstehen. Außerdem entsteht bei Autorenreferaten das Problem, dass die Autoren zu wenig Informationen für den Benutzer aus dem Originaldokument extrahieren, da sie eine sehr hohe Fachkompetenz aufweisen und nicht in der Lage sind, sich in die Situation des Nutzers hineinzuversetzen.


Fremdreferat:

Fremdreferate werden von Informationsspezialisten erstellt. Aus diesem Grund gelten sie auch als objektiver und konsistenter als Autorenreferate. Jedoch entseht diese Art von Kurzreferat erst nach Erscheinen des Originaldokuments.


Inhaltliche Unterscheidung

Indikatives Abstract:

Das indikative Abstract gibt lediglich den behandelten Sachverhalt und die Art der Behandlung wieder. Ergebnisse von Untersuchungen werden bei diesem Typ von Kurzreferat ausgespart.


Informatives Abstract:

Dieser Typ beinhaltet möglichst alle Informationen des Originaldokuments. Dazu gehören das Gebiet, die Zielsetzung, Hypothesen, Methoden, Ergebnisse und daraus resultierende Schlussfolgerungen von Untersuchungen.


Indikativ-informatives Abstract (Mischform):

Bei dieser Art von Kurzreferat werden bestimmte Themen „ausreichend“ dargestellt, andere wiederum nur angedeutet.


Slanted Abstract:

Dieses Abstract wird, im Gegensatz zu den erstgenannten, für einen bestimmten Benutzerkreis erstellt. Daher wird das slanted Abstract besonders betriebsintern genutzt.


Struktur- bzw. Positionsreferat:

Das Strukturreferat wird in einer bestimmten Reihenfolge gegliedert; daher ist es benutzerfreundlich. Jedoch ist die Erstellung aufwendig, daher tritt dieser Typ von Kurzreferat seltener auf.

Merkmale

Ein Abstract soll sich durch folgende Merkmale auszeichnen:


Vollständigkeit:

Es ist zu beachten, dass das Abstract folgende Informationen enthält: Gegenstand, Zielsetzung, Hypothesen, Verfahren und Methoden sowie Ergebnisse und Schlussfolgerung der Untersuchung. Jedoch soll der Titel des Originaldokuments im Kurzreferat nicht wiederholt werden. Außerdem sollen Nebenthemen nur dann erwähnt werden, wenn genug Informationen vorhanden sind, da sonst die Gefahr von Fehlinterpretationen besteht.


Genauigkeit:

Die Anforderung der Genauigkeit hält den Verfasser dazu an, den Inhalt und die Aussageabsicht des Originaldokuments korrekt darzustellen und keine Verschiebung der Akzente vorzunehmen.


Objektivität:

Zur Einhaltung der Objektivität ist es hilfreich, die Terminologie des Originaldokuments zu übernehmen. Darüber hinaus ist das Einfließen der eigenen Meinung in das Kurzreferat zu vermeiden. Allerdings entsteht immer ein geringer subjektiver Einfluss durch die Auswahl der referierten Sachverhalte.


Kürze:

Das Abstract sollte informativ, aber auch so kurz wie möglich sein. Nach einer Richtlinie der Wissenschaftler Borko und Bernier, sollte ein Kurzreferat das Originaldokument auf ein Zehntel des Umfangs reduzieren. Um die notwendige Kürze zu erreichen, ist es zum Beispiel hilfreich, Zahlen numerisch darzustellen und bekannte Zeichen sowie Abkürzungen (z.B. NATO) zu verwenden. Außerdem sollen verschachtelte Satzgefüge vermieden werden. Ein weiteres Hilfsmittel ist der Einsatz von graphischen Hilfsmitteln.


Verständlichkeit:

Bei der Erstellung eines Abstracts ist die Verwendung eines kontrollierten, weit verbreitenden Vokabulars (weit verbreitete Fachausdrücke und Symbole) vonnöten. Im Originaldokument neu erwähnte Ausdrücke muss das Kurzreferat auch erwähnen und darüber hinaus erklären, um Fehlinformationen zu vermeiden.


Funktion

Die Hauptfunktion eines Kurzreferates ist die Referenzfunktion, die dem Benutzer die Suche nach für ihn relevantem Textmaterial erleichtert. Durch die Zusammenfassung des Originaldokuments wird diese Suche beschleunigt und bringt dem Benutzer Zeitersparnis. Des Weiteren senkt das Abstract Sprachbarrieren, da es in einer natürlichen Sprache (meist englisch) verfasst wird und sich keiner Kunst- oder Dokumentationssprache bedient.

Eine weitere Funktion des Kurzreferates ist die Erleichterung der Erstellung von Bibliographien und Übersichtsartikeln. Darüber hinaus wird die Geschwindigkeit des Indexierens (vgl. Indexierung) erhöht, da automatische Verfahren des Indexierens auf Abstracts zurückgreifen. Außerdem bietet ein Abstract den Vorteil, die Informationen besser in die eigenen Wissensbestände assimilieren zu können.


Arbeitsschritte

Dieser Abschnitt behandelt die intellektuelle Herstellung eines Abstracts, allerdings gibt es auch automatische Abstractingverfahren (vgl. automatisches Abstracting). Die Grundvoraussetzung zur Erstellung eines Kurzreferats ist eine hohe Vetrautheit mit dem jeweiligen Fachgebiet.

Der Wissenschaftler Cremmins hat die Erstellung eines Kurzreferats in folgende vier Prinzipien unterteilt: analytisches Lesen, logisches Denken, informierendes Schreiben und konsistentes Editieren. Der erste Arbeitsschritt (analytisches Lesen) besteht in der Analyse der wesentlichen Elemente des Originaldokuments, wie Thema, Inhalt und Form. Danach filtert der „Abstracter“ die relevanten Informationen heraus. Diese sind meist durch bestimmte Schlüsselformulierungen gekennzeichnet. Außerdem weisen auch Einleitungen oder Zwischenüberschriften auf relevante Informationen hin. Dieser Arbeitsschritt (logisches Denken) liefert das Rohmaterial für das Kurzreferat. Aus diesem Rohmaterial wird eine Gliederung erstellt und eine erste Grobfassung nach den entsprechenden Richtlinien verfasst (informierendes Schreiben). Abschließend editiert der „Abstracter“ sein Kurzreferat, zum Beispiel durch korrekturlesen und verifizieren (konsistentes Editieren).


Quellen

  • Gaus, Wilhelm: Formales Erfassen und inhaltliches Erschließen. In: Dokumentations- und Ordnungslehre, Hrsg.: Wilhelm Gaus, 5. Auflage, Springer Verlag, S. 52
  • Gaus, Wilhelm: Informationsflut - Notwendigkeit der Dokumentation. In: Dokumentations- und Ordnungslehre, Hrsg.: Wilhelm Gaus, 5. Auflage, Springer-Verlag, S. 26
  • Krause, Christiane; Rosendahl, Esther, u.a.: Informationen über Abstracts. Rubrik: Lehrmaterialien nach Themen, online verfügbar unter: [1] (letzter Zugriff:16.11.05)
  • Kuhlen, Rainer (2004): Abstracts - Abstracting - Grundlagen. In: Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation, Hrsg.: Kuhlen, Seeger, Strauch, 5. Auflage, Saur-Verlag, München, S. 189-205
  • Luckhardt, Heinz-Dirk: Abstracting von Webseiten. In: Virtuelles Handbuch der Informationswissenschaft. Online verfügbar unter: [2] (letzter zugriff: 15.11.05)
  • Luckhardt, Heinz-Dirk (Hrsg.): Terminosaurus Rex der Informationswissenschaft, Universität des Saarlandes. Online verfügbar unter: [3] Suchbegriff: Abstracting (letzter Zugriff:12.11.05)
  • Nohr, Holger: Skript zur Vorlesung im Fach inhaltliche Erschließung an der Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen (HBI) Stuttgart. Online verfügbar unter: [4] (letzter Zugriff:12.11.05)